Der trend-Artikel zum Thema Leasing (7-8/2001, Seite 130ff)

Nicht nur Minister Böhmdorfer hat so seine Probleme mit der Finanzierungsform Leasing. Strittige Vertragspassagen führen immer wieder zu Millionenprozessen. Ein cleverer Experte hat sich jetzt auf das Aufspüren dieser Stellen spezialisiert:


Irgendwie sieht die Sache geradezu verdächtig nach einem Patentrezept aus: Ein Unternehmer denkt an die Errichtung einer neuen Lagerhalle oder eines Verkaufslokals. Um Planung und Bauausführung braucht er sich nicht zu kümmern, und auch die Finanzierung bereitet ihm kein Kopfzerbrechen. Ähnlich funktioniert das für Privatpersonen – zum Beispiel bei einem Autokauf.

Keine Kreditverhandlungen mit einer Bank, keine mühsamen Sicherstellungen – sondern ganz einfach ein Leasingvertrag. Ob Immobilien, Autos oder Maschinen, Leasing lockt in allen Lebenslagen. Dementsprechend entwickelt sich das Geschäft. Vor wenigen Wochen durfte der Verband Österreichischer Leasinggesellschaften (VÖL) stolz die Bilanz für das Jahr 2000 präsentieren.

Von Krise war da keine Rede: Der Leasingbestand aller Mitglieder kletterte um satte elf Prozent auf rund 186 Milliarden Schilling.


Doch in jüngerer Zeit hat das Image der Branche einige Schrammen abbekommen, und dafür sorgte niemand Geringerer als – ausgerechnet – der Justizminister. Ein „Körberlgeld in Milliardenhöhe“ und ein „erschütterndes Untersuchungsergebnis“ nach einer Überprüfung von Kfz-Leasingverträgen habe man festgestellt. Er erwäge jetzt sogar eine Verbandsklage, ließ der Rechtsanwalt Dieter Böhmdorfer die geschockte Leasingbranche wissen. 

„Das Bild, das da in der Öffentlichkeit dargestellt wurde, ist stark überzeichnet“, kontert Friedrich Primetzhofer, Sprecher des VÖL. Von Milliardenbeträgen könne keine Rede sein, das habe man auch schon im Justizministerium eingesehen, und es gebe zahlreiche Gesellschaften, die ihre Verträge völlig korrekt abrechnen.


Streitfall Immobilienleasing. Und wie es scheint, bilden Auto-Leasingverträge keineswegs das einzige Konfliktfeld. In der Immobilien-Leasingbranche sorgt eine Anzeige wegen „schweren, gewerbsmäßigen Betruges“ für Gesprächsstoff. Handelnde Personen: Ex-Elektrohändler Raimund Stohlhofer und Reinhard Scheucher, Geschäftsführer einiger CA-naher Leasingfirmen.

Hintergrund ist auch hier ein beispielloser Boom. Nach Angaben des VÖL bilden Immobilien-Leasingverträge mit einem Bestand von knapp 100 Milliarden Schilling (Stichtag: 31. Dezember 2000) den größten Brocken, und auch das Wachstum von 28,6 Prozent ist Spitze. Drei Viertel des neuen Leasingvolumens stammen aus dem gewerblichen Bereich.

Einer dieser Verträge trägt die Unterschrift Raimund Stohlhofers. Nachdem der Elektrohändler sein Geschäft aufgegeben hatte, suchte er nach neuen Nutzungsmöglichkeiten für seine großteils geleasten Immobilien – und er hatte solche auch schon gefunden, behauptet er zumindest heute. Einziges Hindernis: die noch laufenden Leasingverträge. „Laut Vertragsbestimmungen wäre es mir erlaubt gewesen, praktisch jederzeit auszusteigen“, so Stohlhofer.


Der Unbestechliche. Doch die Leasingfirma sah das anders – was den verärgerten Elektrohändler dazu veranlasste, den gesamten Leasingvertrag unter die Lupe zu nehmen. Eher zufällig stieß er dabei auf jenen Mann, der in der Branche wohl zu den meistgehassten Personen gehört: Helmut Jank, Leasingexperte und penibler Tüftler, wenn es um das Nachrechnen von Leasingverträgen geht. Seine Minifirma Leasing Control Jank (Jank plus Ehefrau) lehrt selbst die Großen der Branche das Fürchten. 

Die Geschäftsidee klingt simpel, doch die Umsetzung hat’s in sich: Jank rechnet ganz einfach nach, ob Leasingverträge korrekt abgewickelt werden. „Ich glaube, ich bin einer der wenigen Österreicher, die sich auch wirklich gegen Leasingfirmen durchsetzen können“, so Jank über seine Tätigkeit. 


Dass seine Firma seit der Gründung mit unverändertem Personalstand auskommt, hat einen simplen Grund: „Ich kenne die Schwächen der Verträge, die Schwachpunkte der einzelnen Gesellschaften.“ Dieser Know-how-Vorsprung und seine Erfahrung im Umgang mit den Leasingfirmen sind sein Geschäftskapital.

Auf die Marktnische stieß Jank, als er „eher so aus Interesse“ den Leasingvertrag seines früheren Dienstgebers kontrollierte.  Nach tagelanger Rechnerei stand der damalige Leiter der Finanzabteilung vor zahlreichen Fragezeichen. 

„Recht bald war klar, dass es da ziemliche Differenzen gab.“ Die von ihm ertappte Leasingfirma nahm die Kritik eher überrascht hin. „Die haben offenbar nicht damit gerechnet, das sich jemand die Mühe macht und die Abrechnung tatsächlich kontrolliert.“ Jank begann, Leasingraten für Bekannte und Freunde nachzurechnen. 


1994 wurde aus dem Hobby der Beruf; mit seiner Frau gründete er die Leasing Control Jank. Einer seiner frühen Kunden: Raimund Stohlhofer.

Insgesamt drei Leasingkontrakte ließ dieser bei Jank prüfen. „Bei einem haben wir eine Differenz von 100.000 Schilling gefunden, bei dem anderen von 300.000 Schilling.“ Kleine Fische für den Kontrollor, der nur Leasingverträge über zehn Millionen Schilling unter die Lupe nimmt. Doch der dritte Vertrag hatte es in sich.

Ein Grundstück um 4,4 Millionen und einen Zubau um 7,6 Millionen hatte Stohlhofer geleast, macht insgesamt zwölf Millionen. Nach einem Jahr musste Stohlhofer konkursbedingt aussteigen. Die Überraschung war groß, als die Rechnung präsentiert wurde: „Ich hätte 14,1 Millionen zahlen sollen.“ Jank: „Ich habe errechnet, dass da 11,9 Millionen zu zahlen wären.“

Differenz zu dem von Jank ermittelte  Soll: 2,2 Millionen Schilling. Der Prozess war unvermeidlich. „Die damalige CA Leasing hat anerkannt, dass Jank richtig gerechnet hat, aber Einigung gibt es bis heute keine“, ärgert sich Stohlhofer.


Ministerielle Bestätigung. Sogar das Justizministerium bescheinigte Stohlhofer, dass Janks Berechnungen der Realität entsprechen. „Aufgrund des Gutachtens der Leasing Control Jank ist es offensichtlich, dass Ihnen die Leasinggesellschaften zu hohe Leasingentgelte vorgeschrieben haben.

Diese Frage war auch unmittelbarer Gegenstand des Verfahrens vor dem Bezirksgericht Floridsdorf. Dabei hat die Leasinggesellschaft letztlich die Richtigkeit des Gutachtens anerkannt“, schreibt das Ministerium in Beantwortung einer Beschwerde Stohlhofers.

Zur Einigung kam es dennoch nicht. Warum, das sehen die streitenden Parteien freilich unterschiedlich. „Die CA Leasing und die mit ihr verbundenen Unternehmen haben bisher auf eine Verzögerungstaktik gesetzt und sich geweigert, die richtigen Zahlen zu akzeptieren“, sagt Stohlhofer.


Reinhard Scheucher, Geschäftsführer in der CA/BankAustria-Leasing-Gruppe: „Herr Stohlhofer hat kein einziges Verfahren gegen uns gewonnen. In einem Fall haben wir auf Forderungen von 150.000 Schilling verzichtet, aber ausschließlich aus prozess-ökonomischen Gründen.“

Für Stohlhofer ist das wiederum nur ein weiteres Ablenkmanöver, „daher habe ich eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wien geschickt“. Für den Fall, dass die von der Anwaltskanzlei Lessiak & Partner formulierte Strafanzeige wegen Verdachts nach Paragraf 146 Strafgesetzbuch und folgende (schwerer, gewerbsmäßiger Betrug) in ein Strafverfahren mündet, will sich Stohlhofer als Privatbeteiligter anschließen.

„Das Verfahren wurde eingestellt“, erklärt freilich Reinhard Scheucher. „Davon wissen wir nichts, ich kann es mir auch kaum vorstellen, dass man uns von so einem Schritt nicht informiert“, wundert sich dagegen Stohlhofer-Anwalt Horst Auer.

Der streitbare Elektrohändler jedenfalls lässt nicht locker: „Die Forderungen aus dem Leasingvertrag sind überhöht, das geht sogar aus den Gerichtsakten hervor. Ich werde jedenfalls weiterkämpfen.“